Menschen mit Behinderung

Wheelmap.org – Wie offene Daten Barrierefreiheit sichtbar machen

Der gemeinnützige Verein Sozialhelden e.V. entwickelt die Plattform Wheelmap“ nach dem bewährten Wikipedia-Prinzip: Eine engagierte Nutzergemeinschaft trägt kontinuierlich Informationen zur Barrierefreiheit zusammen, kommentiert Erfahrungen und hält die Daten aktuell. Wheelmap.org ist eine Open-Source-Webanwendung, die auf Basis offener Geodaten die Zugänglichkeit öffentlicher Räume für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen erfasst und visualisiert. 

Eine Stufe vor dem Café, steile Rampen oder ein defekter Aufzug im Bahnhof: Physische Barrieren schränken das Leben von Millionen Rollstuhlfahrer:innen im Alltag ein. Dabei ist im Vorfeld nur selten klar, ob ein Ort zugänglich ist oder nicht. Das macht den Besuch beim Arzt, im Restaurant oder die Reise in den nächsten Ort für viele unvorhersehbar.

Die Karten-Anwendung Wheelmap schafft Abhilfe - mit offenen Daten, die rollstuhlgerechte Orte sichtbar machen. Somit gelingt mehr gesellschaftliche Teilhabe.

Wer steckt hinter Wheelmap.org?

Wheelmap.org ist ein zivilgesellschaftliches Projekt des Berliner Vereins Sozialhelden e. V., der vom Inklusions-Aktivisten Raúl Krauthausen gegründet worden ist. Hinter Wheelmap steckt aber nicht nur der Verein, sondern eine ganze Bewegung von Freiwilligen. Jede:r kann Orte eintragen, Eingänge fotografieren oder Stufen markieren. Dazu kommen Partnerorganisationen, die ihre Daten über die Plattform Accessibility.Cloud teilen und so den Datenbestand erweitern.

Wie funktioniert die Daten-Anwendung Wheelmap konkret?

Die Wheelmap basiert auf der Open-Source-Anwendung OpenStreetMap. Darin werden öffentliche Orte weltweit angezeigt. In der Wheelmap-App oder Webanwendung kann jeder Ort mit einem Ampelsystem markiert werden: Grün steht für vollständig barrierefrei, Orange für teilweise zugänglich, Rot für nicht zugänglich. Wer einen Ort einträgt, gibt Details zur Situation vor Ort an - zum Beispiel ob Rampen oder Aufzüge vorhanden sind. Außerdem können Bilder hinzugefügt werden.

Die Informationen werden durch die Community laufend aktualisiert und durch weitere User:innen geprüft. Auf eine Registrierungspflicht haben die Entwickler:innen bewusst verzichtet. Dadurch kann jede:r Daten direkt einsehen oder eintragen. Mitmachen ist somit für alle möglich.

Welche Daten werden bereitgestellt?

Wheelmap stellt Informationen zur Barrierefreiheit von Orten bereit – von Restaurants und Schwimmbädern über Rathäuser und Bibliotheken bis hin zu Bahnhöfen oder Museen. Alle Daten sind vollständig offen und unter einer freien Lizenz verfügbar. Über eine API können sie von Entwickler:innen, Forschungseinrichtungen, Städten und NPO genutzt werden. Der Datenbestand wächst kontinuierlich: Aktuell sind nach eigenen Angaben mehr als drei Millionen Orte erfasst, und jeden Tag kommen durch die Zivilgesellschaft im Durchschnitt neue Bewertungen hinzu.

Wer liefert und prüft die Daten?

Die Daten stammen unter anderem von Rollstuhlfahrer:innen, Angehörigen und interessierten Freiwilligen. Die Datenqualität entsteht durch die gegenseitige Überprüfung und Transparenz: Je mehr Menschen einen Ort prüfen, desto verlässlicher wird die Angabe. Fotos dienen zusätzlich zur Bestätigung und schaffen Vertrauen. Darüber hinaus ergänzen Partnerinstitutionen Datenbestände, die über den Dienst Accessibility.Cloud eingebunden werden. Dieses Zusammenspiel aus Freiwilligen und Institutionen sorgt für eine valide Datenbasis.

Wer profitiert von Wheelmap?

Am meisten profitieren Menschen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen, die ihren Alltag besser planbar machen möchten. In Deutschland sind schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen auf einen Rollstuhl angewiesen. Doch der Nutzen geht weit darüber hinaus: Auch ältere Menschen (mit Rollator), Eltern mit Kinderwagen oder Reisende mit schwerem Gepäck haben Vorteile von barrierefreien Orten. Städte und Verkehrsbetriebe können die Daten nutzen, um Barrieren systematisch zu identifizieren und abzubauen – ein Beispiel ist die Kooperation mit BrokenLifts, bei der defekte Aufzüge im ÖPNV transparent gemacht werden.

Forschungseinrichtungen und NPO können auf die API zurückgreifen, um Barrierefreiheit wissenschaftlich zu untersuchen oder politische Forderungen zu untermauern. Und nicht zuletzt profitieren Betreiber von Orten selbst, weil Sichtbarkeit ein Anreiz sein kann, Zugänge zu verbessern.

Die Datensätze werden unter der Open Database Licence (ODbL) bereitgestellt und stehen dadurch jedem kostenlos zur Verfügung. Über den Dienst Accessibility.Cloud werden außerdem weitere Daten von Partnern angezeigt, die aber unterschiedlichen Lizenzen unterliegen. Der Sozialhelden e.V. bindet diese Daten also lediglich in die Karte ein.

Warum ist der Open-Data-Ansatz so wichtig?

Die Offenheit der Daten ist das Herzstück von Wheelmap. Nur wenn Informationen frei zugänglich sind, können sie überall genutzt und weiterverarbeitet werden. Offene Daten ermöglichen Innovation – Entwickler:innen können eigene Anwendungen erstellen und Städte können gezielt planen und die Situation verbessern. Zudem sorgen sie für eine nachhaltige Nutzung, weil niemand alleiniger Besitzer der Informationen ist. Und sie schaffen eine Art Netzwerkeffekt: Je mehr Menschen Daten beisteuern und je mehr Organisationen sie nutzen, desto größer ist der gesellschaftliche Mehrwert. Wheelmap zeigt damit eindrucksvoll, wie digitale Offenheit zu echter sozialer Teilhabe führt.

Worauf basiert der Erfolg der Datenanwendung?

Wheelmap wird durch Preis-, Förder- und Spendengelder finanziert. Die Wertigkeit wird aber erst durch die Einbindung der Nutzer:innen erzeugt. Die zivilgesellschaftliche Initiative setzt also auf Schwarmintelligenz, weil es bislang keinen vollständigen Datensatz zur Barrierefreiheit gibt.

Zugleich werden die Daten dank der Freiwilligen aktuell gehalten. Denn Orte verändern sich: Cafés schließen, Aufzüge werden installiert oder neue Rampen werden gebaut.

Machen Sie Ihre Daten sichtbar

Ein offener Datenbestand kann eine wertvolle Ressource für die gesamte Gesellschaft sein. Wheelmap.org ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie aus offenen Daten ein konkreter Nutzen für alle entsteht.

Wenn auch Sie Daten haben, die für die Öffentlichkeit nützlich sein könnten, stellen Sie sie offen zur Verfügung. So schaffen Sie Transparenz und ermöglichen es anderen, innovative Lösungen zu entwickeln, die das Leben vieler Menschen verbessern.