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Datengeschichte

Demokratieförderung in Deutschland messen: AWO und Civic Data Lab entwickeln Datensatz

Wie viel ist Deutschland die Förderung der Demokratie wert? Das hat der AWO Bundesverband gemeinsam mit dem Civic Data Lab in einem Datenprojekt erhoben. Der Datensatz hinter der Demokratieförderquote findet sich auch im Datenatlas Zivilgesellschaft.

Der AWO Bundesverband macht sich für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz stark. „In diesem Rahmen machen uns der Rechtsruck und die Angriffe auf die Demokratie große Sorgen“, berichtet Lorenz Grünewald-Schukalla, Referent für Digitale Technologien und Innovationen beim AWO Bundesverband. Dabei sei Demokratie keine Selbstverständlichkeit, sondern benötige zur Förderung entsprechende Ressourcen. Aber wie viel Geld investiert die Bundesrepublik in dem Bereich?

NATO-Ziel liefert Vergleichswert aus anderem Ausgabenbereich

Vorangetrieben wurden die Gedankenspiele dann durch die Forderungen seitens der USA, dass die NATO-Staaten ihre Ausgaben für das Militär von zwei auf fünf Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts erhöhen sollen. „Wir kamen dann auf die Idee, dass es doch auch interessant sein könnte, wie die Demokratieförderquote im Vergleich aussehen könnte“, sagt Lukas Hochscheidt, der ebenfalls am Projekt beteiligt war. „Aber so etwas gab es bisher in Deutschland nicht.“

Also berieten Lorenz Grünewald-Schukalla und seine Mitstreiter:innen, wie sie selbst eine Quote ermitteln könnten. Dabei stießen die Initiatoren auf gleich mehrere offene Fragen. Wo lassen sich nutzbare Daten gewinnen? Wo beginnt Demokratieförderung und wo hört diese auf? Und wer kann uns auf technischer Seite unterstützen?

Zum Ergebnis in mehreren Schritten

Als Ausgangspunkt für die Erhebung dienten die staatlichen Förderrichtlinien, welche Angaben über die Förderprogramme auf Bundesebene machen. Über die „Förderdatenbank Bund, Länder und EU“ konnten insgesamt etwa 2.454 Programme identifiziert werden. Da der Datensatz dahinter selbst nicht zur Verfügung stand, wurde mithilfe automatisierter Ausleseprozesse und technischer Unterstützung des Civic Data Lab ein eigener, nutzbarer Datensatz erzeugt, Crawler-Link.

Aber welche dieser 2.454 Programme können der Demokratieförderung zugeordnet werden? Dazu musste der Demokratiebegriff beschrieben werden. Das Projektteam orientierte sich dabei am Entwurf des Demokratiefördergesetzes, das die frühere Ampelkoalition umsetzen wollte. Darauf aufbauend entstand ein Codebuch mit sechs Merkmalen, anhand dessen beurteilt werden kann, ob ein Förderprogramm demokratiefördernde Ziele verfolgt. Mindestens eine Kategorie musste erfüllt sein, damit es das Programm in die Auswahl schaffte.

Ein eigens trainiertes Klassifikationsmodell übernahm die erste inhaltliche Zuordnung der Richtlinien. Die maschinellen Ergebnisse wurden von fachkundigen Personen analysiert, geprüft und ergänzt. Letztendlich wurden 14 Förderprogramme des Bundes identifiziert. Zu den größten Programmen zählen laut AWO Demokratie leben!, die Migrationsberatung für Erwachsene sowie die Förderung von Maßnahmen zur gesellschaftlichen und sozialen Integration von Zugewanderten.

Im letzten Schritt wurden die 14 identifizierten Programme den entsprechenden Ausgaben im Bundeshaushalt zugeordnet. Auf dieser Grundlage ließ sich das Gesamtvolumen der Demokratieförderung ermitteln und die Demokratieförderquote für 2024 bestimmen.

Prototyp mit Einschränkungen

Dazu mussten sie für den Prototypen auch einige methodische Unschärfen in Kauf nehmen. Zum einen beziehen sich die Daten nur auf Bundesebene. Förderprogramme auf Landes- oder lokaler Ebene bleiben außen vor. Zum anderen bilden die Zahlen nur Soll-Werte ab. Ob die im Bundeshaushalt veranschlagten Mittel tatsächlich abgerufen wurden, bleibt unklar. Und drittens konzentriert sich die Erhebung allein auf die Zivilgesellschaft. Andere Bereiche, die der Demokratieförderung zugerechnet werden können, wie Parteienfinanzierung oder Medien wurden nicht beachtet.

Und wie lauten die Ergebnisse? Im Jahr 2024 waren im Bundeshaushalt laut den Berechnungen 540 Millionen Euro zur Unterstützung von Demokratieförderprojekten vorgesehen. „Das klingt erstmal viel. Wenn man es aber in Relation zum gesamten Bundeshaushalt sieht, sind es gerade mal 0,11 Prozent“, fasst Lorenz Grünewald-Schukalla zusammen. Und vom NATO-Ziel für Militärausgaben von fünf Prozent ist man weit entfernt.

Den Datensatz finden Sie hier im Datenatlas Zivilgesellschaft.